Der Coppenrath Verlag ist unter seinem Gründer Wolfgang Hölker mit Büchern zum Anfassen und Erleben für ein junges Millionenpublikum zu einem internationalen Spitzenreiter in der Kinder- und Jugendbuchbranche avanciert. Das Unternehmen exportiert heute in mehr als zwei Dutzend Länder und hat seit seiner Gründung 1977 abertausende Bücher aufgelegt. Dabei bieten Bestseller-Charaktere wie Hase Felix, Käpt’n Sharky oder Prinzessin Lillifee jeweils Kristallisationspunkte für die Vermarktung beinahe unerschöpflicher Produktwelten.
Kinderbuchverleger, Sammler, Kreativmaschine. Wolfgang Hölker ist vieles in einer Person. Mit seiner Frau hat er den Coppenrath Verlag groß und erfolgreich gemacht. Das über vier Jahrzehnte geformte Gesamtkunstwerk der jüngeren Generation zu übergeben, ist nicht einfach - zumal sich der Buchmarkt stark verändert. Familie Hölker setzt jedoch auch auf die Tugenden von Hase Felix, Käpt'n Sharky und Prinzessin Lillifee.
Die Siegerurkunde ehrt einen vielbeschäftigten Vater. In bauchiger Kinderschrift nennt die Auszeichnung den Anlass: “Er blieb zuhause – trotz Arbeitstag”. Vor über 25 Jahren hatte die achtjährige Johanna Hölker das Dokument mit hellgrünem Filzer verfasst und liebevoll mit einer rot-gelben Kokarde versehen. Heute dürften es im Dickicht der tausend Bücher, Papiere, Souvenirs und Plüschtiere in der Chefetage des Coppenrath Verlags die meisten Besucher übersehen.
Dort sitzt ihr Vater, Wolfgang Hölker, der nun auf die Fortführung des Verlags als familiengeführtes Unternehmen setzt. Die Führung soll auf seine Tochter Johanna Hölker und auf Lambert Scheer, den Schwiegersohn seiner Schwester, übergehen. Während Johanna Hölker durch ihre Eltern quasi mit dem Verlag aufgewachsen ist, bringt Lambert Scheer Management-Erfahrung von außen mit, die er seit mehr als zehn Jahren im Verlag einbringt. Zusammen sollen sie den Verlag in die Zukunft führen und bestmöglich auf die Veränderungen der Buchbranche einstellen.
Der Gründer stellt die Weichen für die Nachfolge des erfolgreichen Kinder- und Jugenbuchverlags und spricht offen über die geplante Übertragung von Firmenanteilen auf die kommende Generation. "Das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen”, stellt der 75-jährige mit munter strahlenden Augen unter einem dichten Lockenschopf fest.
Hölker liebt das Nonkonforme. “Ich bin ein verrückter Fan des Papiers, ein Maniac des Buches”, gesteht er. Als gelernter Grafiker und Verlagskaufmann war er in seinem Leben schon Galerist, Weltreisender und Künstler. Drahtig, ewig neugierig, jagdbegeistert, bisweilen barfuß in der Chefetage unterwegs, ist er heute vor allem Menschenmagnet, Netzwerker, kreative Spürnase und ein begnadeter Erzähler, der die schnelle, witzige Pointe beherrscht. “Neben internationalen Kinderpublikationen lese ich auch das Handelsblatt”, stellt er fest – schließlich müssten sich Verleger mit der Betriebswirtschaft hinter ihren kreativen Ideen befassen.
Erfolg hat er mit diesem Ansatz. Hölker und die Modedesignerin Siggi Spiegelburg hatten 1977 einen kleinen Traditionsverlag gekauft. In vier Jahrzehnten haben sie Coppenrath zu einer internationalen Größe bei Kinderbüchern, Jugendliteratur, Spielwaren, Schulartikeln, Kalendern und Kochbüchern entwickelt. Die von den Hölkers entdeckten Superstars der Kinderzimmer sind heute in über 30 Ländern bekannt und genießen bei der Leserschaft Bekanntheitsgrade von über 90 Prozent.
Die in Rosa getauchte Prinzessin Lillifee, der junge Pirat Käpt’n Sharky und der reiselustige Hase Felix sind die wirtschaftlichen Dauerbrenner, mittlerweile werden sie unterstützt von neuen erfolgreichen Charakteren wie Nella Nixe, der Grolltroll oder Furzipups. Entstanden sind diese am Münsteraner Hafenkai, dem Verlagssitz in einem restaurierten Kornspeicher. Sie haben Coppenrath auch zu einem Riesen bei Merchandising-Produkten, Geschenkartikel-Kollektionen und Lizenzen gemacht. Jeden zweiten Euro erlöst der Verlag mit Koffern, Trolleys, Taschen, Trinkflaschen und vielem mehr - die das Konterfei der hauseigenen Kinderbuchhelden tragen. TV- und Filmlizenzen eingerechnet, setzen 180 Mitarbeiter:innen am Stammsitz heute über 60 Millionen Euro im Jahr um.
Kinderzimmer-Stars sind auch in der aktuell jungen Generation Z alterslos. Die Steuerung der Kinderhelden geht indes Stück für Stück in jüngere Hände über. “Wir konnten nicht davon ausgehen, dass unsere Töchter das einmal anpacken wollen. Dass Johanna heute an Bord ist, konnten wir so nicht fest einplanen”, erklärt Hölker, "und wir sind sehr dankbar dafür, dass das geklappt hat."
Die 36-jährige Tochter ist schon seit 2017 Mitglied der Coppenrath-Geschäftsleitung. Sie treibt das Marketing voran und damit eine entscheidende Triebfeder für die Zukunft des Verlags. “Die Vermarktung ist durch die Digitalisierung schneller und direkter geworden. Das hat sich seit den Tagen meines Vaters geändert. So ein Markt fordert von uns ständig neue Initiativen”, berichtet die Managerin. Wer als sechsjähriges Mädchen heute für Prinzessin Lillifee im Buch schwärme, der müsse sein Idol ein paar Jahre später auch bei Instagram antreffen können. “Diesen Spagat müssen Kinderbuchverlage heute schaffen”, so Johanna Hölker.
Der digitale Wandel ist bei Coppenrath in vollem Gang. Vor mehr als zehn Jahren hat der Verlag einen Onlineshop in Betrieb genommen. Und seit ca. fünf Jahren können die Vertriebspartner:innen über eine B2B-Plattform die Bücher, Bleistiftspitzer, Fahrradklingeln und den ganzen Rest des Füllhorns aus rund 3.500 Coppenrath-Produkten bestellen.
Wie ein Startup bringt der Verlag in schneller Folge Kinderhelden in Umlauf. Man könne kaum vorhersehen, was Kinderherzen letztlich höher schlagen lässt. “Aber wir hoffen, dass auf diese Weise neue Bestseller vom Kaliber Hase Felix oder Prinzessin Lillifee entdeckt werden”, sagt die Betriebswirtin. Um in der Zielgruppe für Kinder- und Jugendbücher relevant zu bleiben, arbeite der Verlag auch mit digitalen Influencern zusammen, um gemeinsam Bücher zu entwerfen.
Wolfgang Hölker, immer noch Hauptgesellschafter des Verlags, wirkt indessen erleichtert, dass er die digitale Seite des Geschäfts an die Nachkommen delegieren kann. “Ich bin mit Kinderbuchhelden wie Struwwelpeter und Kalle Blomquist groß geworden. Meine digitale Expertise erstreckt sich heute auf mein Smartphone”, gesteht er. Der Verlagsgründer sieht seine Rolle darin, “diejenigen, die etwas davon verstehen, stark zu machen”.
Die Märkte ändern sich rasant. Damit das Verlagshaus sich entsprechend aufstellen kann, setzt die Gründergeneration bei der Übergabe des Unternehmens mit Lambert Scheer auf ein weiteres Familienmitglied, das auch einen frischen Blick von außen mitbringt. Scheer, mit der Cousine von Johanna Hölker verheiratet, war als Unternehmensberater für die Otto Group tätig und hat so auch Manufactum von innen kennengelernt. Auch Wolfgang Hölker hat sich immer für das strategische Konzept dieses Unternehmens interessiert. "Das war der Ausgangspunkt für intensive Gespräche und meinen Einstieg bei Coppenrath”, berichtet Lambert Scheer.
Der promovierte Betriebswirt, geerdete Analytiker und präzise Kommunikator bringt Fähigkeiten mit, die dem Verlag gut zu Gesicht stehen und harmoniert mit Johanna Hölker im Team. Scheer ist seit 2012 im Verlag und schlüpfte 2016 in die Rolle des geschäftsführenden Gesellschafters bei Coppenrath. Der 44-Jährige bringt nicht nur strategisches Knowhow von einem Einzelhändler hochwertiger Alltagsdinge wie Manufactum mit, er war für Tochterunternehmen der Otto Group im In- und Ausland tätig, bei denen der stationäre Handel und der Onlinehandel verzahnt wurden. Bedeutet Scheers Besetzung also, dass Coppenrath künftig noch stärker auf einen Mix aus Buch und Merchandising setzt?
“Wir treten digital nicht auf die Bremse und verkaufen zum Beispiel auch E-Books. Aber unsere Produktwelten werden auch künftig aus einem Protagonisten der analogen Buchwelt heraus entwickelt. Wir sind das Verlagshaus, das für seine haptisch ansprechenden Bücher bekannt ist. Damit wollen wir auch künftig die reale Welt von Kindern und Eltern bereichern”, erläutert Scheer.
Als kreative Verbündete im Geist gründeten Wolfgang Hölker und Siggi Spiegelburg einst ihr Unternehmen ohne eine längerfristige Firmenstrategie festzulegen. “Wenn ich unsere Strategie wüsste, würde ich Sie Ihnen beschreiben”, kokettiert Hölker lachend.
Die inneren Strukturen, die den seit der Jahrtausendwende enorm gewachsenen Verlag in die Märkte der nächsten Generation tragen sollen, hat die neue Geschäftsführung eingezogen. Johanna Hölker und Lambert Scheer haben Produktsortimente klar abgegrenzt und Vermarktungsteams zugeordnet. Der Kontakt zum Einzelhandel wurde modernisiert und auch der Weg zu neuen Kinderbuchhelden systematisiert. “Wir hatten immer schon viele Kinder im Haus, denen wir Prototypen gezeigt haben. Deren Feedback werden wir auch zukünftig einbeziehen und darüber hinaus vieles ausprobieren", beschreibt Scheer den verlagseigenen Marktforschungsansatz.
Wer sich in Wolfgang Hölkers Arbeitszimmer heute umschaut, entdeckt ein Segelschiff, mannshohe Bücherstapel, zehn Dutzend Postkarten, Kaminuhren, Kuscheltiere, einen Bronze-Mao, Perlen, Porzellanaffen, Puderdosen und ein lebensgroßes Holzpferd. Es sind gefühlt zehntausend Devotionalien, Erinnerungsstücke, Exposés, Geistesblitze, Gedankenskizzen, Merkhilfen, Modelle, Lebensweisheiten – inklusive jener einst von seiner Tochter ausgestellten Siegerurkunde.
Ob die Chefetage des Coppenrath Verlags auch in zwanzig Jahren noch aussehen wird wie eine Mischung aus Atelier, Archiv und Asservatenkammer eines kunterbunten Verlegerlebens, mag man in Zweifel ziehen. Neben dem ehemaligen Getreidespeicher, in dem der Verlag residiert, entstand ein Neubau, der wie ein Symbol für den Übergang des Verlags in jüngere Hände wirkt.
Die Büros im Neubau bauen weiterhin auf unsterbliche Kinderbuchhelden, die schon vor Jahrzehnten das Licht der Welt erblickten. “Für mich ist die Querdenkerin Pippi Langstrumpf ein Vorbild”, sagt Johanna Hölker. Asterix und Obelix nennt Lambert Scheer als Vorbilder. „Wenn kein Zaubertrank verfügbar war, hatten die immer einen cleveren Schachzug in petto.“
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