Die familieninterne Übergabe eines Unternehmens birgt Chancen und Risiken. Auf diese Punkte sollten Übergeber:innen und Übernehmer:innen achten.
Die Weitergabe einer Firma innerhalb der Familie hat ihre Tücken. „Die Übertragung eines Unternehmens innerhalb der Familie ist etwas ganz anderes als ein Verkauf an Dritte“, sagt Gunter Freiherr von Leoprechting, Managing Partner von Leo-Impact Consulting. „Allein schon deswegen, weil Unternehmen ganz oder teilweise vererbt werden können und nicht verkauft werden müssen“, so der Unternehmensberater. In seiner langjährigen Erfahrung hat er die daraus erwachsenden Herausforderungen der Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie kennengelernt. Dort gebe es immer wieder Fehler, die in der freien Wirtschaft nicht existierten. „Das eine Kind ist als Geschäftsführer ein super Nachfolger, das andere ist es nicht, wurde aber Mitgeschäftsführer“, erzählt er ein Beispiel. „Die Mitarbeiter:innen haben das zweite Kind quasi mitgeerbt, und müssen jetzt mit ihm leben.“
Andererseits gibt eine intakte Familie auch Sicherheit, Fehler zu machen oder um Neues auszuprobieren. „Eine Familie kann potenzielle Nachfolger:innen einfacher auch mal gezielt überfordern“, sagt von Leoprechting. „Nur dann lotet man deren Potenzial voll aus.“ Das Sicherheitsnetz Familie gebe es bei Fremden so nicht.
Was müssen gute Nachfolger:innen als Unternehmer mitbringen? „Commitment. Begeisterung. Vollgas. Motivation. Wenn ich das nicht habe, wird die Unternehmensnachfolge sehr wahrscheinlich scheitern“, so der Berliner Unternehmensberater. Das gelte auch in der Familie. Und je größer die werde, desto mehr brauche sie jemanden, der Dynamik habe. „Als Selbstständiger oder Unternehmer muss man selbst und ständig arbeiten, man muss etwas bewegen wollen. Wer Sicherheit sucht, ist hier falsch.“
Zur Begeisterung muss aber auch das Können kommen. „Nur weil es Ihre Nachkommen sind, müssen sie nicht die Geeignetsten sein, um das Unternehmen weiterzuführen“, sagt von Leoprechting. „Bei der Auswahl können sich auch Eltern vergreifen.“
Loszulassen ist für Unternehmer:innen meist schwer. Doch warten Sie nicht, bis Sie 80 und Ihre Kinder zwischen 50 und 60 Jahre alt sind. „Wer so lange darauf gewartet hat, Verantwortung zu übernehmen, wird nicht mehr die Dynamik eines:einer 30- oder 40-Jährigen haben“, sagt von Leoprechting.
Andererseits gebe es auch keinen Grund für Senior:innen aufzuhören, so lange es noch Spaß macht und das Unternehmen nicht leidet. Eine schwierige Situation für beide Seiten.
Werden Erben automatisch auch Manager? „Nur weil man ein Unternehmen geerbt hat, muss man es ja nicht unbedingt auch operativ leiten“, sagt von Leoprechting. Manche wollen, andere sollten das auch nicht. Externe Geschäftsführer:innen können dann die operative Leitung übernehmen.
Analog kann bei größeren Unternehmen eine Familienholding eine Option sein. Dabei werden die Unternehmensgeschäfte von einem angestellten Management geführt. Die fachliche Kompetenz wird eingekauft. Von Leoprechting: „Larry Page und Sergey Brin von Google haben das sogar als Gründer, nicht mal als Erben, mit Eric Schmidt gemacht und nach einigen Jahren dann selbst die volle Chefrolle übernommen.“
Die Familie kümmert sich in der Holding um die strategische Ausrichtung, wählt das operative Management aus. In Details des laufenden Betriebs mischen sich die Holdingmitglieder nicht ein. Der Kontakt zum Management läuft über wenige kompetente Gesellschaftervertreter aus der Familie.
„Nachfolgestreitigkeiten zwischen vielen verschiedenen Familienmitgliedern oder Familienstämmen, die über Generationen wachsen, lassen sich so unter Umständen vermeiden“, sagt von Leoprechting. „Aber man sollte sich überlegen, ob die Struktur des Unternehmens und dessen Größe für eine derartige Struktur geeignet sind.“
Kommt es zu Schwierigkeiten, kann eine professionelle Moderation helfen. Innerhalb der Familie ist das nicht immer einfach. Je mehr Konflikte bei so einer Unternehmensübergabe auftauchen, desto wichtiger ist es, diese anzusprechen und aus dem Weg zu räumen – selbst wenn es weh tut.
Eine Form der Übergabe, die für alle richtig ist, gibt es nicht. „Holen Sie sich Rat von Expert:innen“, sagt von Leoprechting. „Je früher, desto besser.“ Schon Rechtsfragen wie Erb- und Pflichtteilansprüche, Erbschafts-, Steuer- und Vertragsregelungen können ein Risiko für einen familieninternen Generationswechsel darstellen.
Dabei hat die Übergabe innerhalb der Familie Vorteile. Übernehmer:innen können bei einer familieninternen Übernahme die Transaktion leichter finanzieren. Schließlich kann ein Teil des Kaufpreises geschenkt werden.
"Verlangen Senior:innen fünfeinhalb Millionen, Junior:innen bekommen von ihrer Bank aber nur drei Millionen, können Eltern ein Verkäuferdarlehen von gut zwei Millionen geben und noch eine knappe halbe Million dazu schenken“, erläutert von Leoprechting. „Verkäuferdarlehen und Voraberbe sind ein schöner Bonus für die Liquidität der Nachfolger:innen. Gegenüber einem Fremdinvestor macht man das eher nicht.“