
12 Punkte, damit es mit der Unternehmensnachfolge in der Familie klappt.

Die familieninterne Übergabe eines Unternehmens birgt Chancen und Risiken. Auf diese Punkte sollten Übergeber:innen und Übernehmer:innen achten.
Die Weitergabe einer Firma innerhalb der Familie hat ihre Tücken. „Die Übertragung eines Unternehmens innerhalb der Familie ist etwas ganz anderes als ein Verkauf an Dritte“, sagt Gunter Freiherr von Leoprechting, Managing Partner von Leo-Impact Consulting. „Allein schon deswegen, weil Unternehmen ganz oder teilweise vererbt werden können und nicht verkauft werden müssen“, so der Unternehmensberater. In seiner langjährigen Erfahrung hat er die daraus erwachsenden Herausforderungen der Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie kennengelernt. Dort gebe es immer wieder Fehler, die in der freien Wirtschaft nicht existierten. „Das eine Kind ist als Geschäftsführer ein super Nachfolger, das andere ist es nicht, wurde aber Mitgeschäftsführer“, erzählt er ein Beispiel. „Die Mitarbeiter:innen haben das zweite Kind quasi mitgeerbt, und müssen jetzt mit ihm leben.“
Andererseits gibt eine intakte Familie auch Sicherheit, Fehler zu machen oder um Neues auszuprobieren. „Eine Familie kann potenzielle Nachfolger:innen einfacher auch mal gezielt überfordern“, sagt von Leoprechting. „Nur dann lotet man deren Potenzial voll aus.“ Das Sicherheitsnetz Familie gebe es bei Fremden so nicht.

Merkliste: Es bleibt in der Familie.
- Die Familie darf nicht heilig sein: Es ist vorteilhaft, wenn man sich bei einer Unternehmensübergabe innerhalb der Familie überwiegend so verhält wie bei einem Geschäft mit Dritten.
- Machen Sie es ordentlich: Übergeben und übernehmen Sie keine Verlustbringer, keinen unnötigen Overhead. Stellen Sie sich vor, Sie wären mit der anderen Seite nicht verwandt.
- Übernehmer sollten aber wissen: Man bekommt bei einem kompletten oder teilweisen Erbe ja auch etwas geschenkt. Daher kann der Druck geringer sein. Auf beide Seiten, wohlgemerkt.

Was müssen gute Nachfolger:innen als Unternehmer mitbringen? „Commitment. Begeisterung. Vollgas. Motivation. Wenn ich das nicht habe, wird die Unternehmensnachfolge sehr wahrscheinlich scheitern“, so der Berliner Unternehmensberater. Das gelte auch in der Familie. Und je größer die werde, desto mehr brauche sie jemanden, der Dynamik habe. „Als Selbstständiger oder Unternehmer muss man selbst und ständig arbeiten, man muss etwas bewegen wollen. Wer Sicherheit sucht, ist hier falsch.“
Zur Begeisterung muss aber auch das Können kommen. „Nur weil es Ihre Nachkommen sind, müssen sie nicht die Geeignetsten sein, um das Unternehmen weiterzuführen“, sagt von Leoprechting. „Bei der Auswahl können sich auch Eltern vergreifen.“

Stellen Sie die Familie auf die Probe.
- Keine rosarote Brille: Hinterfragen Sie, ob sich Tochter oder Sohn zum Unternehmer eignen und ob sie mit den nötigen Kompetenzen und erforderlichen Unternehmerqualifikationen ausgestattet sind. Falsche Entscheidungen stellen ein Risiko für die Erhaltung des Familieneigentums und manchmal auch für die Sicherung der Altersvorsorge der älteren Generation dar.
- Selbstständigkeit: Motivieren Sie Ihre Kinder früh dazu, aktiv zu sein, Verantwortung zu übernehmen und über ihre Grenzen hinausgehen. Unterstützen Sie sie dabei.
- Geben Sie ihnen die Gelegenheit, sich zu beweisen: Schicken Sie Ihre Kinder zum Beispiel in Landesgesellschaften ins Ausland. Noch besser: zu anderen Unternehmen. Dort können sie Bereitschaft zu unternehmerischer Verantwortung beweisen, Erfahrungen sammeln, Erfolge verbuchen, auch scheitern – aber Hauptsache lernen. Dann haben sie zurück im Unternehmen der Familie, den Chefsessel in den Augen der Mitarbeiter:innen nicht mehr nur geerbt, sondern durch Leistung verdient.
- Probieren Sie Ihre potenziellen Nachfolger:innen aus: Wenn sie im Unternehmen mitarbeiten, können Sie erkennen, ob sie das Talent oder die Leidenschaft zur Unternehmensführung haben. Wenn nicht, dann ist ein Fremdmanagement die bessere Alternative.
- Teilen und herrschen: Sie haben mehrere gute potenzielle Nachfolger:innen? Ein Luxusproblem. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Gore: Ab einer bestimmten Größe wird das Unternehmen geteilt, ein neues Unternehmen gegründet, und schon gibt es Bedarf für neue Führungskräfte.
Loszulassen ist für Unternehmer:innen meist schwer. Doch warten Sie nicht, bis Sie 80 und Ihre Kinder zwischen 50 und 60 Jahre alt sind. „Wer so lange darauf gewartet hat, Verantwortung zu übernehmen, wird nicht mehr die Dynamik eines:einer 30- oder 40-Jährigen haben“, sagt von Leoprechting.
Andererseits gebe es auch keinen Grund für Senior:innen aufzuhören, so lange es noch Spaß macht und das Unternehmen nicht leidet. Eine schwierige Situation für beide Seiten.

- Wenn Sie loslassen wollen, dann tun Sie das auch. Warten Sie nicht zu lange. Treffen Sie eine vorausschauende Nachfolgeregelung.
- Wählen Sie Ihre:n Nachfolger:in sorgfältig aus. Prüfen und fordern Sie die Person. Ideal ist eine Übergangsfrist, in der beide im Unternehmen arbeiten und die:der Senior:in seine:n Nachfolger:in in bestehende Verträge und Kunden- und Lieferantenverbindungen einführt.
- Ist die:der potenzielle Nachfolger mit der aktuellen Situation unzufrieden, sollte er das Unternehmen recht:in zeitig im Guten verlassen, um die Zeit zu nutzen und Erfahrungen außerhalb zu sammeln. Und um nicht im Frust zu verbrennen. Wer dazu über die Entwicklungen innerhalb des Familienunternehmens auf dem Laufenden bleibt, kann erfahren und kompetent zurückkehren, wenn der Senior schließlich doch zurücktritt.
- Die Familie muss das aushalten. Es geht hier nicht um Fahnenflucht, sondern um eine sinnvolle Investition in die Zukunft des Familienunternehmens.
Werden Erben automatisch auch Manager? „Nur weil man ein Unternehmen geerbt hat, muss man es ja nicht unbedingt auch operativ leiten“, sagt von Leoprechting. Manche wollen, andere sollten das auch nicht. Externe Geschäftsführer:innen können dann die operative Leitung übernehmen.
Analog kann bei größeren Unternehmen eine Familienholding eine Option sein. Dabei werden die Unternehmensgeschäfte von einem angestellten Management geführt. Die fachliche Kompetenz wird eingekauft. Von Leoprechting: „Larry Page und Sergey Brin von Google haben das sogar als Gründer, nicht mal als Erben, mit Eric Schmidt gemacht und nach einigen Jahren dann selbst die volle Chefrolle übernommen.“

Managing Partner Leo Impact Consulting
Die Familie kümmert sich in der Holding um die strategische Ausrichtung, wählt das operative Management aus. In Details des laufenden Betriebs mischen sich die Holdingmitglieder nicht ein. Der Kontakt zum Management läuft über wenige kompetente Gesellschaftervertreter aus der Familie.
„Nachfolgestreitigkeiten zwischen vielen verschiedenen Familienmitgliedern oder Familienstämmen, die über Generationen wachsen, lassen sich so unter Umständen vermeiden“, sagt von Leoprechting. „Aber man sollte sich überlegen, ob die Struktur des Unternehmens und dessen Größe für eine derartige Struktur geeignet sind.“
Kommt es zu Schwierigkeiten, kann eine professionelle Moderation helfen. Innerhalb der Familie ist das nicht immer einfach. Je mehr Konflikte bei so einer Unternehmensübergabe auftauchen, desto wichtiger ist es, diese anzusprechen und aus dem Weg zu räumen – selbst wenn es weh tut.
Eine Form der Übergabe, die für alle richtig ist, gibt es nicht. „Holen Sie sich Rat von Expert:innen“, sagt von Leoprechting. „Je früher, desto besser.“ Schon Rechtsfragen wie Erb- und Pflichtteilansprüche, Erbschafts-, Steuer- und Vertragsregelungen können ein Risiko für einen familieninternen Generationswechsel darstellen.
Dabei hat die Übergabe innerhalb der Familie Vorteile. Übernehmer:innen können bei einer familieninternen Übernahme die Transaktion leichter finanzieren. Schließlich kann ein Teil des Kaufpreises geschenkt werden.
"Verlangen Senior:innen fünfeinhalb Millionen, Junior:innen bekommen von ihrer Bank aber nur drei Millionen, können Eltern ein Verkäuferdarlehen von gut zwei Millionen geben und noch eine knappe halbe Million dazu schenken“, erläutert von Leoprechting. „Verkäuferdarlehen und Voraberbe sind ein schöner Bonus für die Liquidität der Nachfolger:innen. Gegenüber einem Fremdinvestor macht man das eher nicht.“