Nach wie vor gibt es eine geschlechtsspezifische Entgeltlücke in Deutschland. Frauen verdienen im Durchschnitt 18 Prozent weniger als Männer. Eine klare Benachteiligung, nicht nur auf dem aktuellen Gehaltszettel: Wer weniger verdient, zahlt weniger Rentenbeiträge ein, kann weniger sparen und auch weniger anlegen.
Der Gender Pay Gap beschreibt die Unterschiede im durchschnittlichen Verdienst von Frauen und Männern. Diese Entgeltlücke hält sich seit vielen Jahren hartnäckig. Im Jahr 2022 liegt sie immer noch bei 18 Prozent. Damit bleibt Deutschland im europäischen Vergleich eines der Schlusslichter. Der Verdienstunterschied im EU-Durchschnitt lag 2022 immerhin bei 13 Prozent, angeführt von Luxemburg mit einer beneidenswerten Lohnlücke von gerade einmal 1 Prozent.
Werden nur die Durchschnittsverdienste von Frauen und Männern verglichen, ohne strukturelle Faktoren einzubeziehen wie Teilzeitarbeit oder Berufsart, spricht man von unbereinigter Lohnlücke.
Die bereinigte Lohnlücke berücksichtigt Unterschiede wie Berufsart, Beschäftigungsumfang sowie die Tatsache, dass Frauen seltener Führungspositionen innehaben als Männer. Doch auch bei gleichen Rahmenbedingungen liegt die Entgeltlücke immer noch bei 6 Prozent.
Über die Jahre summiert sich der Verdienstunterschied zu einer stattlichen Summe. Verdient eine Krankenpflegerin 192 Euro weniger als ein Krankenpfleger, wächst die Entgeltlücke in 30 Berufsjahren auf 69.033,60 Euro. Die Rente nach dem Berufsleben ist ebenfalls geringer.
Alle, die nach 1990 geboren sind, treffen auf zumindest leicht verbesserte Rahmenbedingungen. Dazu zählen die Einführung von Elterngeld und ElterngeldPlus, der Partnerschaftsbonus sowie das Entgelttransparenzgesetz. Auch das wachsende öffentliche Bewusstsein für Gleichberechtigung, nicht nur auf Seiten Arbeitgebender, trägt zu einer Angleichung der Gehälter bei.
Die Ursachen für den Gender Pay Gap sind vielfältig. Viel Einfluss haben die unterschiedlichen Positionen, die Frauen und Männer in der Arbeitswelt einnehmen. Nach wie vor streben Männer häufiger höhere Hierarchieebenen an. Hinzu kommt, dass es für Frauen nach wie vor schwieriger ist, Führungspositionen zu besetzen. Geschlechterrollen, die bereits in Kindheit und früher Jugend vermittelt werden, beeinflussen die Berufswahl zusätzlich.
Quelle: BIBB-Ranglisten der Ausbildungsberufe 2021/2022
Die Frage "Kind oder Karriere" sollte der Vergangenheit angehören. Das gilt für Männer wie Frauen gleichermaßen. Jeder Elternteil hat Anspruch auf Elternzeit und Elterngeld. Das sichert die finanzielle Lebensgrundlage junger Familien in der Zeit nach der Geburt, in der sie zeitweise weniger oder gar nicht erwerbstätig sind. Die partnerschaftliche Aufgabenteilung in der Familie ist inzwischen gesellschaftlich anerkannt. Das hilft Frauen, wirtschaftlich unabhängiger zu werden. Betreuungsangebote in Kita und Schule müssen allerdings noch weiter ausgebaut und die Bedingungen für haushaltsnahe Dienstleistungen verbessert werden.
Der Aktionstag "Equal Pay Day" fand erstmalig 2008 in Deutschland statt. Er markiert jährlich den Tag, bis zu dem Frauen – über das Jahresende hinaus – arbeiten müssen, um das Vorjahresgehalt ihrer männlichen Kollegen zu erhalten. Mittlerweile findet der Equal Pay Day in 23 europäischen Ländern statt. Auch der "Girls' und Boys' Day" wurde ins Leben gerufen, um geschlechtsspezifische Berufsschranken aufzulösen.
Immer mehr Arbeitgeber unterstützen Programme, die den Zugang zu hochbezahlten Jobs für Frauen erhöhen. Hierzu gehören Mentoring- und Graduiertenprogramme, Führung in Teilzeit, Inhouse-Schulungen und Unterstützung bei der Karriereplanung. Auch Richtlinien wie Gleichstellungspläne und die Einführung eines Diversity-Boards und vorallem verbesserte Transparenz bei Gehältern helfen, um Gender-Diskriminierung in der Arbeitswelt zu bekämpfen.
Gleiche Arbeit, gleicher Lohn – so das Ziel in der Erwerbsarbeit. Doch echte Gleichstellung verlangt noch weit mehr: Denn was ist mit unbezahlter Sorgearbeit? Sie wird zu einem ungleich höheren Anteil von Frauen und Mädchen geschultert. Frauen leisten weltweit jeden Tag 12,5 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit – in der Pflege, Kinderbetreuung und im Haushalt. Der ökonomische Wert, der in dieser unbezahlten Arbeit steckt, beträgt laut Oxfam über 10,8 Billionen US-Dollar. Auf der Internationalen Konferenz „Equal Care und Equal Pay: Höchste Zeit die Lücken zu schließen“ am 7.09.2022 betonte Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft.
Es gibt bereits eine Reihe von Gesetzen, die die Förderung und Gleichbehandlung von Frauen weiter vorantreiben. Das Entgelttransparentgesetz schafft hier bereits mehr Transparenz. Es verpflichtet Arbeitgeber, ihr Lohn- und Gehaltsgefüge offenzulegen. So können alle Beteiligten sehen, ob der Grundsatz der Entgeltgleichheit gewährleistet ist. Alle Arbeitgeber und Tarifparteien in Deutschland sind daran gebunden.
Das Gesetz soll helfen, den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit sicherzustellen und Lohn-Ungerechtigkeiten zu reduzieren. Es verpflichtet Arbeitgebende mit mehr als 200 Beschäftigten, ihren Arbeitnehmenden auf Wunsch zu erklären, welche Kriterien sie bei der Bezahlung ihrer Kollegen zugrunde legen. Arbeitgebende mit mehr als 500 Beschäftigten sind lageberichtspflichtig. Das heißt, sie müssen das Gehaltsgefüge ihres Unternehmens transparent machen und von sich aus über den Stand der Entgeltgleichheit berichten.
Bereits bei der Berufswahl Verdienstchancen und Möglichkeiten zur Weiterbildung im Blick haben.
Informieren Sie sich vor Berufseintritt über Ihre Rechte und angemessene Vergütungen.
Checken Sie das eigene Gehalt regelmäßig auf Vergleichsportalen und prüfen Sie die Gehaltsstrukturen im Unternehmen.
Suchen Sie aktiv nach Mentoren und Sponsoren, die Ihnen bei der Karriereentwicklung helfen können.
Nutzen Sie Schulungen und Weiterbildungen, um Ihre Fähigkeiten und Qualifikationen zu verbessern und dadurch eine bessere Verhandlungsposition zu haben.
Suchen Sie nach Unternehmen, die Chancengleichheit fördern und sich für die Bekämpfung des Gender Pay Gaps engagieren.
Stimmen Sie Auszeiten und Teilzeitarbeit innerhalb der Partnerschaft, Ehe oder Familie von vornherein ab und sorgen Sie für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich.
Geben Sie Ihrem Verdienst, Ihrem Vermögen und Ihrer Vorsorge die Bedeutung, die sie, besser gesagt "Sie" verdienen.