Herr Haak, wie schätzen Sie die aktuelle Situation bei den Währungen ein?
Unternehmen, die einen Teil ihres Zahlungsverkehrs in osteuropäischen Währungen abwickeln, benötigen Planungssicherheit und Stabilität. Nur so können sie in Zentral- und Osteuropa erfolgreich agieren. Länder wie Polen, Ungarn oder die Tschechische Republik sind in den vergangenen 20 Jahren zu wichtigen Partnern der deutschen Wirtschaft herangewachsen. Insbesondere das verarbeitende Gewerbe betreibt dort zahlreiche Produktionsstandorte. Entsprechend groß ist die Unsicherheit, wie es nun weitergeht.
Beispielsweise unterhält die Automobilindustrie in den besagten Ländern viele Zuliefer- und Endmontagewerke. Die anfallenden Kosten, zum Beispiel Löhne, begleichen die Unternehmen dabei in lokaler Währung, die Erlöse - aus den Auto- und Teileverkäufen selbst – werden dagegen zumeist in anderen Währungen wie z.B. dem Euro erzielt. „Die Wechselkurse beeinflussen unmittelbar die Gewinnmargen der Industrie. Und je höher die Schwankungsintensität der Wechselkurse in den zentral- und osteuropäischen Ländern ist, desto ungewisser ist auch die Ertragskalkulation. Solche Unsicherheiten durch externe Faktoren wollen die Unternehmen natürlich möglichst vermeiden“, erklärt Johannes Kannwischer.
Die meisten Unternehmen sind sich dieser Risiken bewusst. Um ihre Abhängigkeit von den Währungsmärkten zu verringern, haben sie schon in der Vergangenheit Absicherungsgeschäfte getätigt und beispielsweise mit Termingeschäften oder Futures dafür gesorgt, dass ihnen kurz- und mittelfristige Kursschwankungen nichts anhaben können. „Für die meisten Unternehmen ergeben sich die Herausforderungen erst, wenn bestehende Absicherungen auslaufen bzw. nachfolgende Absicherungen getätigt werden müssen. Spätestens dann muss man sich aktiv mit den neuen Marktgegebenheiten auseinandersetzen“, sagt Kannwischer weiter.
Analysieren Sie die anstehenden Cashflows ihres Unternehmens über einen Zeitraum von idealerweise drei bis fünf Jahren. Beachten Sie dabei insbesondere die voraussichtliche Kostenentwicklung in den Ländern, in denen für Ihr Unternehmen Währungsrisiken bestehen. Bei der Analyse sollten Sie auch die lokale Inflation berücksichtigen, die sich unter Umständen erheblich von der des Euroraums unterscheidet.
Informieren Sie sich über geeignete Instrumente zur Absicherung ihrer Fremdwährungsrisiken. Dabei müssen verschiedene Parameter wie Art und Höhe des Risikos, die Risikobereitschaft des Unternehmens und die Dauer der gewünschten Absicherung berücksichtigt werden. Die HypoVereinsbank bietet Ihnen Zugang zu einem breiten Spektrum an Sicherungsinstrumenten für jeden Bedarf. Unsere erfahrenen Währungsexperten helfen Ihnen gerne bei der Entwicklung einer maßgeschneiderten Lösung für ihr Unternehmen.
Bei der Suche nach der richtigen Absicherungsstrategie ist natürlich entscheidend, auf welcher Seite das Unternehmen beim Handel mit Osteuropa steht.
Für Unternehmen, die vornehmlich in Osteuropa produzieren und Ihre Waren dann in Deutschland oder in der Eurozone verkaufen, fallen zunächst Kosten vor Ort in der jeweiligen Währung an. Sinkt der Wechselkurs der zentral- und osteuropäischen Währungen gegenüber dem Euro, sinken also auch die lokalen Produktionskosten, was ihre Gewinnmargen deutlich erhöhen kann. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, sich die derzeit attraktiven Bewertungen mit den entsprechenden Finanzinstrumenten auch langfristig zu sichern. „Sofern noch nicht geschehen, ist es für Importeure jetzt sicher sinnvoll, sich Gedanken über langfristige Absicherungen ihrer lokalen Kosten zu machen“, rät Johannes Kannwischer.
Neben dem derzeit niedrigen Wechselkurs im Spotmarkt kommt den Importeuren dabei noch ein zweiter Effekt zugute. Denn aufgrund der gestiegenen Inflationserwartungen insbesondere in Zentral- und Osteuropa ist auch die Terminkurve deutlich steiler geworden. Langfristige Absicherungen zum Kauf lokaler Währungen sind also noch günstiger geworden. „Aus meiner Sicht spricht viel dafür, das aktuelle Kursniveau zu nutzen, um langfristige Währungsabsicherungen abzuschließen und damit eine günstige Kostenbasis auch längerfristig festzuschreiben“, sagt Kannwischer. Beispielsweise sei ein Terminkontrakt für den Kauf polnischer Zloty in drei Jahren Anfang Mai 2022 um zehn Prozent günstiger gewesen als Mitte Februar. Ähnlich sehe es auch in anderen wichtigen Währungen wie Forint, Krone oder dem rumänischen Leu aus.
Anders sieht es dagegen für Unternehmen aus, die überwiegend Waren in die betreffenden Länder exportieren, wie beispielsweise Konsumgüterhersteller oder Handelsketten. Ihre Waren werden von den Käufer:innen in den lokalen Währungen bezahlt. Fällt diese lokale Währung nun im Wert, müsste man dies eigentlich über Preissteigerungen ausgleichen – sonst sinken die Gewinnspannen. Einfach die Preise zu erhöhen, ist jedoch oft nicht beliebig möglich.
Für Exporteure ist die Situation somit deutlich schwieriger, stecken sie doch derzeit in einem Dilemma. Einerseits ist die Versuchung groß, so wenige neue Sicherungspositionen wie möglich einzugehen und tendenziell Ihre Absicherungszeiträume zu verkürzen, um die hohen Terminaufschläge zu vermeiden. Andererseits werden die bestehenden Währungsabsicherungen zu einem gewissen Zeitpunkt auslaufen. Spätestens dann muss sich das Unternehmen mit den aktuell herrschenden Marktbedingungen auseinandersetzen, was ebenfalls Risiken birgt.
Als Lösung bieten sich hier alternative Absicherungsinstrumente an, die Unternehmen die Möglichkeit geben, sich sowohl gegen deutlich unvorteilhafte Kursbewegungen abzusichern, als auch gleichzeitig an einer möglichen Erholung der CEE Währungen zu partizipieren. Dazu zählen zum Beispiel Währungsoptionen oder strukturierte Absicherungsinstrumente. „Allerdings hat die gestiegene Kursvolatilität der letzten Monate dazu geführt, dass die Nachfrage nach solchen optionalen Sicherungsinstrumenten angezogen hat und sich die Konditionen dementsprechend verteuert haben“, sagt Johannes Kannwischer. Ob ein solches Vorgehen ökonomisch sinnvoll sei, lasse sich daher nur auf Basis einer detaillierten Analyse durch eine:n Expert:in beurteilen.
Für Unternehmen sind die Absicherungskosten aber meistens nicht das allein ausschlaggebende Kriterium, gibt der erfahrene Experte zu Bedenken. Gerade in unruhigen Zeiten gewinnen oft andere Ziele an Bedeutung. Ganz oben auf der Liste: Planungssicherheit!