Liegt im Erbfall ein Testament vor, ist das schon die halbe Miete. Doch als Erblasser:in kann man viel falsch machen. Die gravierendsten Erbfehler, und wie Sie diese vermeiden.
Der erste Schritt ist immer der Wichtigste. Diese Lebensweisheit gilt auch beim Vererben. Wer die Dinge auf sich zukommen lässt und keine Vorkehrungen trifft, handelt verantwortungslos und fahrlässig. „Wer ein Leben lang viel dafür tut, sein Vermögen aufzubauen, sollte beim Vererben mindestens genauso akribisch sein“, sagt Dr. Andreas Miehler, Fachanwalt für Erbrecht in München. „Schließlich geht es um das ganze Vermögen und somit um das Lebenswerk des:der Erblasser:in.“
Bevor man also schwerwiegende Entscheidungen trifft, erscheint es sinnvoll, darüber nachzudenken, welche Erbfallen auf einen lauern. Hier, so der Anwalt, muss man besonders aufpassen:
Erblasser:innen, die sich nicht klar äußern und sich bei ihrem letzten Willen nicht von Profis beraten lassen, laufen Gefahr, dass ihr Testament bei Angehörigen zu Irritationen und Streit führt oder der eigene letzte Wille keine Umsetzung findet, da er falsch interpretiert wird.
Wer also ein Testament aufsetzen möchte, das nach dem Erbrecht weder fehlerhaft oder gar ungültig ist, sollte auf eine anwaltliche oder notarielle Beratung setzen.
Manche Erblasser:innen wollen per Testament postum alte Rechnungen begleichen, indem sie zum Beispiel missliebige Angehörige enterben. Dies erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Erbstreit kommt – was nicht im Interesse des:der Erblasser:in sein dürfte.
Konflikte sollten also zu Lebzeiten geklärt werden.
Für den:die Erblasser:in könnte es klug sein, zu Lebzeiten nicht alle Details zu seinem Testament mit den Angehörigen zu besprechen. Das könnte ungewünschte Diskussionen herbeiführen. Dennoch lohnt es sich möglicherweise, mit den potenziellen Erb:innen über bestimmte Dinge zu sprechen, um postume Enttäuschungen und Überraschungen zu vermeiden.
So können Missverständnisse rechtzeitig aus dem Weg geräumt werden. Schließlich kann man den:die Erblasser:in nach dessen Tod nicht mehr fragen, warum er diese oder jene Entscheidung getroffen hat.
Um das Thema Vererben mit dem nötigen Abstand anzugehen, können Gespräche mit Freund:innen und Fachleuten helfen. Notar:innen oder Anwält:innen für Erbrecht haben das notwendige Wissen, um alle Fragen zu Erbvertrag und Erbfolge, steuerliche Konsequenzen, Schenkung, Freibeträge und Fristen zu beantworten.
Wer dies nicht berücksichtigt, lässt sich die Chance entgehen, wichtige Erfahrungswerte nutzen zu können.
Die Wahrscheinlichkeit, dass jüngere Menschen die älteren überleben, ist höher als umgekehrt. Dennoch kann der Tod auch Jüngere ereilen, etwa durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit.
Deshalb ist es ratsam, dass sich alle Erwachsenen – unabhängig vom Alter – genau mit ihrem letzten Willen beschäftigen.
Passt es noch oder hat sich etwas verändert? Das Testament sollte zumindest alle drei bis fünf Jahre auf den Prüfstand gestellt werden. Im Laufe der Zeit können sich die Umstände verändern. „Man stelle sich vor, der:die Erblasser:in hat früher jemanden als Erb:in eingesetzt, der heute bereits verstorben ist“, sagt Andreas Miehler. Der Experte verweist darauf, dass sich ebenso die Vermögenswerte ändern können: „Sind etwa Immobilien und Wertpapierdepots noch genauso viel wert wie zum Zeitpunkt der Testamenterstellung?“
Wer entscheidet über mein Leben, wenn ich nicht mehr handlungsfähig bin? Wer darf nach meinem Tod per Vollmacht auf meine Konten zugreifen?
Wichtige Daten und Ansprechpartner:innen sollten in einem Dokument festgehalten werden. Angehörige oder Bevollmächtigte können anhand solch einer Vorsorgemappe dann zeitnah handeln.
Ziel der HVB Notfallmappe ist es, die Belastung durch die Nachlassabwicklung so gering wie möglich zu halten. Sie dient ferner als Nachschlagewerk, Informationsspeicher und Leitfaden, wer im Ernstfall zu informieren ist und welche Unterlagen dazu erforderlich sein können.
Die Notfallmappe ist wie folgt gegliedert:
„Stellen Sie sich vor, Sie sind der Sohn und finden das Testament. Da steht dann drin, dass Sie nichts bekommen“, beschreibt Anwalt Miehler ein Szenario. Es komme vor, dass diejenigen, die das Testament im Haus des Verstorbenen auffinden und sich in dem Dokument ungerecht behandelt fühlen, das Papier vernichten.
„Das Testament sollte an einem sicheren Ort aufbewahrt werden“, sagt Andreas Miehler. „Zum Beispiel bei:m Notar:in oder dem Amtsgericht.“
Erblasser:innen, die ihre Schulden verheimlichen und nicht transparent im Testament aufführen, könnten die Erb:innen später in Schwierigkeiten bringen. Mit Schulden als Nachlass wird eine Erbschaft plötzlich für die Erb:innen zum Fluch.
Schließlich übernimmt man als Erbe nicht nur das Vermögen, sondern auch die Verbindlichkeiten des:der Erblasser:in.
Das Gesetz garantiert den nächsten Angehörigen des Verstorbenen einen Mindestanteil am Vermögen des:der Erblasser:in – den Pflichtteil. Dieser Pflichtteilsanspruch beträgt in der Regel die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Es ist somit nicht so einfach möglich, nahe Angehörige wie Kinder, Ehegatt:innen und auch Eltern vom Erbe vollständig auszuschließen. Sie sind üblicherweise erbberechtigt. Ein entsprechender Passus im Testament könnte also unwirksam sein.